Der Mühlacker Stadtrat und Oberbürgermeisterkandidat Paul Renner hat sich in einer aktuellen Anfrage an die Stadtverwaltung mit der historischen Vereinbarung über die Eingliederung der Gemeinde Enzberg in die Stadt Mühlacker beschäftigt. Der Vertrag aus dem Jahr 1972 regelte die Eingemeindung Enzbergs und enthielt zahlreiche Zusagen zu Investitionen, Projekten und Einrichtungen im Stadtteil. Ziel der Anfrage war es, die heutige Bedeutung und rechtliche Einordnung dieser Vereinbarung zu klären und aufzuzeigen, welche Punkte in den vergangenen Jahrzehnten umgesetzt wurden und wo es bis heute offenen Handlungsbedarf gibt.

„Viele Bürgerinnen und Bürger, insbesondere in Enzberg, interessiert, welche Versprechen der Eingemeindungsvertrag damals enthielt, was davon realisiert wurde und welche Themen bis heute offen geblieben sind“, erklärt Renner. „Das ist nicht nur eine juristische Frage, sondern eine Frage der Transparenz, Fairness und Wertschätzung gegenüber unseren Stadtteilen.“ Die Antwort der Stadtverwaltung macht deutlich, dass Eingemeindungsverträge grundsätzlich zwar auf unbestimmte Zeit geschlossen wurden, heute jedoch nur noch in Ausnahmefällen eine rechtliche Bindung entfalten. Nach Einschätzung des Städtetags Baden-Württemberg und der Verwaltungsgerichtsbarkeit gelten die damaligen Zusagen nur, sofern sie die Entscheidungsfreiheit des Gemeinderats nicht unvertretbar einschränken, den städtischen Haushaltsausgleich nicht gefährden und mit den Grundsätzen sparsamer Verwaltung vereinbar sind. Dennoch sieht Renner darin keinen Grund, diese Vereinbarungen in Vergessenheit geraten zu lassen: „Sie sind Teil unserer Stadtgeschichte und Ausdruck des Vertrauens, mit dem die damaligen Gemeinden den Schritt in die Gesamtstadt gegangen sind. Dieses Vertrauen verdient auch Jahrzehnte später noch Respekt und Aufmerksamkeit.“

Aus der Beantwortung der Anfrage geht hervor, dass viele der ursprünglich festgelegten Punkte in den vergangenen Jahrzehnten umgesetzt wurden, einige Vorhaben jedoch bis heute offen sind. So wurde etwa die Modernisierung der Turn- und Festhalle Enzberg, die bereits in der Vereinbarung genannt war, bislang nicht vollständig realisiert. Erste Maßnahmen, wie die Renovierung der Hausmeisterwohnung im Jahr 2020, seien zwar erfolgt, ein umfassender Umbau stehe jedoch weiterhin aus. Auch zeigt sich, dass viele der damals formulierten „Wünsche“ im Laufe der Zeit integriert oder in gesamtstädtische Strukturen überführt wurden, etwa durch die Entwicklung gemeinsamer Einrichtungen, das gemeinsame Amtsblatt oder die schulische Weiterentwicklung der Hartfeldschule. „Das zeigt, dass Eingemeindung kein Bruch war, sondern ein Prozess des Zusammenwachsens. Dennoch dürfen wir nicht den Eindruck entstehen lassen, dass die Stadtteile heute weniger gesehen werden. Sichtbarkeit, Beteiligung und Information sind entscheidend dafür, dass sich die Menschen in allen Stadtteilen als Teil einer gemeinsamen Stadt verstehen“, so Renner.

Ein weiterer Aspekt seiner Anfrage betraf die sogenannten EVS-Aktien, die Enzberg im Rahmen der Eingliederung mit eingebracht hatte. Nach Angaben der Stadtverwaltung lag der Enzberger Anteil bei 53 Prozent des damaligen Aktienbestands. Diese Erlöse wurden dem Eigenbetrieb Freibad zugeführt. Entnahmen aus diesem Betrieb flossen unter anderem in die Kapitaleinlage für den Breitbandausbau über die Stadtwerke Mühlacker sowie in Investitionen für die Landesgartenschau. „Das zeigt, dass frühere Vermögenswerte aus den Stadtteilen heute in gesamtstädtische Projekte eingeflossen sind. Das kann richtig und sinnvoll sein, aber es muss auch transparent nachvollziehbar bleiben“, betont Renner. „Wenn Bürgerinnen und Bürger verstehen, wie und wofür Mittel eingesetzt wurden, stärkt das das Vertrauen in die Stadtpolitik.“

Besonders kritisch sieht Renner, dass die Stadtverwaltung aktuell keine Übersicht darüber vorlegen kann, welche Investitionen in den letzten Jahrzehnten in Enzberg konkret getätigt wurden. Eine systematische Auswertung sei laut Verwaltung „technisch nicht möglich“, da die Haushalts- und Rechnungsdaten der Stadt nicht nach Stadtteilen gegliedert sind. Eine manuelle Zuordnung aller Maßnahmen wäre mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden. Für Renner ist genau das ein strukturelles Defizit: „Wenn wir über gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Stadtteilen sprechen, brauchen wir eine ehrliche und nachvollziehbare Grundlage. Wenn nicht klar ist, wo die Stadt investiert hat, fehlt ein wichtiges Instrument für Transparenz und Gerechtigkeit.“

Renner fordert deshalb, dass künftig alle investiven Maßnahmen im städtischen Haushalt nach Stadtteilen strukturiert und nachvollziehbar dokumentiert werden. So könne sichtbar werden, wo Schwerpunkte gesetzt werden und wo Nachholbedarf besteht. „Das ist Ausdruck einer fairen und transparenten Stadtentwicklung. Wir brauchen endlich eine ehrliche Datengrundlage, die zeigt, wie sich die Investitionen über die gesamte Stadt verteilen“, so Renner.

In seinem Wahlprogramm hat Paul Renner das Thema Transparenz und Sichtbarkeit der Stadtteile zu einem zentralen Bestandteil gemacht. Er kündigt an, als Oberbürgermeister eine „Stadtteil-Transparenzoffensive“ zu starten: mit regelmäßigen Berichten über Investitionen und Projekte in den einzelnen Ortsteilen, Bürgerdialogen vor Ort und einer Übersicht auf der städtischen Website, die zeigt, was wo passiert. „Das stärkt das Vertrauen in die Stadtverwaltung und macht sichtbar, dass Mühlacker mehr ist als nur die Kernstadt. Eine Stadt lebt davon, dass sich alle Teile gesehen und ernst genommen fühlen und genau dafür will ich als Oberbürgermeister stehen“, so Renner abschließend.